Bürgerdialog Start am 15.08.2020 in Überlingen auf dem Markt

von Bürgerdialog Team

Um 8.30 Uhr begannen wir zu viert, als Starter-Team, unseren Stand in der Fußgängerzone aufzubauen. Schon beim Aufbau erleben wir die Menschen um uns sehr entspannt, kaum steht der Pavillon, laufen Passanten quer zwischen uns durch, ohne Angst vor Nähe, auf direktem Weg in die Bank, vor der wir stehen. In der jetzigen Zeit tut das irgendwie gut. Wir brauchen viel länger als gedacht bis wir endlich klar haben wo die Tische stehen mit dem Infomaterial, wo unser Markenzeichen steht, der Adler auf dem Kopf als Pinwand. Wir wissen noch nicht wieviel Platz wir einnehmen dürfen, außerhalb der genehmigten 3 x 3 m, aber auch der Ordnungsbeamte ist entspannt. Der prächtige Blumenstrauß von Bernadette signalisiert unsere Einladung und unser Gesprächsangebot an die Bürger, symbolisiert auch unsere Freude, dass wir nun endlich loslegen können. Letzte Handgriffe, die vorgesehenen Banner kommen nicht mehr rechtzeitig, Wolfgang hat den Schriftzug Bürgerdialog als Headline auf Papier ausgedruckt, wir kleben ihn zusammen und befestigen ihn dort am Pavillon wo er am besten zu sehen ist. Dazu kommen noch improvisiert, schnell entworfene Fragen aufs Papier: "Unsere Zukunft?" Wie wird sie, wie wollen wir sie? Wir arbeiten als gutes Team zusammen, wir sind jetzt bereit und langsam legt sich auch unsere Nervosität.

Heute, an diesem sonnigen Tag, ist wenig vom empfohlenen Abstand zu spüren, von Angst vor dem Corona-Virus. Markttag, Überlinger und Gäste aus dem Umland und Urlauber sind unterwegs, suchen geradezu das Leben in der Stadt. Einige mit einer Maske um sich und andere zu schützen.

Wir fangen an, wir sprechen Passanten an, kommen ins Tun, gehen in Blickkontakt, stellen Fragen und es gelingt uns in kurzer Zeit ins Gespräch zu kommen. Es ist gar nicht schwer. Um 10.30 Uhr hat sich schon um unseren Stand eine Traube von Menschen gebildet, ins Gespräch vertieft. Es tut uns gut, dass Freunde und Bekannte vorbeischauen als Starterhilfe. Der Adler ist ein Hingucker, schnell sammeln sich die Beiträge auf buntem Papier, sehr unterschiedliche Statements von: "Weg mit der Maske", über "Mehr Kontrolle!" und Ärger darüber, dass das Landesgartenschaugelände in Überlingen gesperrt ist.

Wir reden mit Menschen, die die Maßnahmen der Regierung für ausgewogen und richtig finden, Menschen die es schlimm finden das bei den Demos den Politikern in den Rücken gefallen wird, Menschen die mehr Kontrolle fordern, dass auch wirklich alle die Maskenpflicht einhalten und man nicht selbst zum Depp wird, weil man es ja selber macht. Oft werden wir gefragt, warum wir das machen und wer dahintersteckt, welches Ziel wir haben. Wir sprechen dann davon, dass sich die Gräben in der Gesellschaft vertiefen und ob sie das auch wahrnehmen und warum das so ist. Das wir einen Beitrag zum gegenseitigen Verständnis leisten wollen, im Dialog miteinander.

Wir reden auch mit Menschen, die die Maßnahmen zum Teil oder auch grundsätzlich für falsch halten und kritisieren. Manchmal stehen wir dabei sehr vertraut nahe beieinander, und erzählen uns gegenseitig von Erfahrungen und Sorgen, von den uns eigenen Erlebniswelten. Es ist so, Vertrauen bildet sich verblüffend schnell, wenn man die Bereitschaft für Offenheit hat und das Visier oben bleibt. Wir erleben, dass es eine große Bereitschaft gibt zu reden, zu erzählen und auch zuzuhören, selbst wenn sich unterschiedliche Standpunkte herauskristallisieren. Diese gegensätzlichen Positionen machen uns nicht zu Feinden, wir können sie gut aushalten. Wir erleben gegenseitigen Respekt als Grundlage für einen offenen Dialog, wir erleben ein Reichtum an Menschen jedweden Alters, ihre verschiedenen Gestimmtheiten, die Gedanken, die sie mit uns teilen. Ihre Haltung, die darin sichtbar wird, ist oft berührend. Es werden mehr Menschen, die Hocker sind vergriffen, der Adler ist übersät mit Botschaften. Es herrscht eine sommerliche Atmosphäre.

Gegen Mittag kreuzen Patrick und Jannis auf, mit Kamera und Mikro, beginnen in der Fußgängerzone und auf dem Markt Stimmen einzufangen, unbekümmert einfach loslegend und die Menschen zeigen sich, bereitwillig. Geben sich Preis, erzählen von sich. Es ist ein Fest.

Wir haben Schichtwechsel, kaum merkbar, am Vormittag von 9.00 bis 12.00 Uhr und dann von 12.00 bis zum Ende um 15.00 Uhr. Immer sind mindestens 4 von uns im Einsatz, oft auch mehr. Und dann kommt noch die alte Dame, es ist wohl nach zwölf, umkurvt uns alle elegant mit ihrem Rollator, sucht sich zielstrebig einen Weg durch unseren Pavillon und die Menschen, ohne Probleme, und ist uns gewollt oder ungewollt ganz nah.

Mir tun die Beine weh, ich kann nicht mehr gut stehen. Um 13.00 Uhr geht es nach Hause. Zugleich bin ich müde und begeistert von unserem Auftakt zum Bürgerdialog. Das Konzept geht auf. Das es unserer Gruppe gelingt mit einer Mischung aus Offenheit, Interesse und Geistesgegenwart in Kontakt zu gehen, Verbindung herzustellen, freut mich zutiefst. Das hinterlässt bei allen Beteiligten Spuren, ich hoffe positive, die in eine bessere Zukunft führen. Wir machen ganz sicher weiter.

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